Gemeinsam mit Long COVID-, Lyme- , PoTS- oder Fibromyalgie-Initiativen
Menschen mit Erkrankungen wie ME/CFS, Long COVID, Lyme-Borreliose, PoTS oder Fibromyalgie haben oft mit denselben Herausforderungen zu kämpfen: fehlende Versorgung, geringe Forschung, strukturelle Unsichtbarkeit und sozialer Rückzug. Jede dieser Erkrankungen bringt ihre eigene Dynamik mit, aber sie alle leiden unter einem fragmentierten System, das Betroffene häufig allein lässt.
Umso wichtiger sind Allianzen. Sie sind keine bloßen Zweckgemeinschaften – sondern kraftvolle Netzwerke, in denen Wissen, Ressourcen und politische Wirkung gebündelt werden. Sie ermöglichen koordinierte Öffentlichkeitsarbeit, gegenseitige Unterstützung, strategischen Druck auf Institutionen und das Teilen von Expertise.
Gerade in Zeiten wachsender Krisen im Gesundheitswesen braucht es diese neue Solidarität – fachlich fundiert, menschlich getragen, strategisch klug.
Ein Blick in die Geschichte zeigt, wie entscheidend Allianzen sein können. In den 1980er- und 90er-Jahren formierten sich in der AIDS-Krise ganz unterschiedliche Gruppierungen:
Was sie verband? Die Erkenntnis, dass strukturelle Missstände nur gemeinsam zu verändern sind – mit unterschiedlicher Tonlage, aber einem Ziel: Leben retten. Und Menschen ihre Würde zurückgeben.
Auch ich bin zunehmend Teil solcher Allianzen geworden. Besonders im letzten Jahr hat sich mein Netzwerk stark erweitert. Am kommenden Samstag, den 28. Juni, findet zum dritten Mal mein Vernetzungstreffen statt. Diese Zusammenkunft nutze ich um mich und meine Arbeit vorzustellen und anderen ebenfalls Möglichkeit zu geben ihre Arbeit und Ansätze vorzustellen. So können Synergien aufgedeckt und genutzt werden- oft ist dies der Grundstein für eine wichtige Allianz und ich freue mich, wenn dort tragfähige Projekte und Partnerschaften entstehen. So ist es geschehen mit dem Postvac-Netzwerk, der Elterninitiative ME/CFS-kranke Kinder & Jugendliche München e.v. und NichtGenesenKids.
Ich bin außerdem eng verbunden mit Menschen lostVoices, der POTS-/Dysautonomie-Community und vielen Einzelkämpfer*innen aus dem Schulbereich sowie mehreren Sozialarbeiterteams im PED-Net-Verbund. - Warum? Weil wir nur gemeinsam etwas bewirken werden.
Ein beeindruckendes Beispiel für gelungene Allianzen ist die jüngste Aktion von VisaVie. Unter dem Motto „Gemeinsam für Sichtbarkeit und Forschung“ wurden bisher bereits mehr als 367.000 € gesammelt – Mittel, die gezielt verschiedenen Organisationen zur Verfügung gestellt werden. Diese Spenden fließen in Projekte für Aufklärung, Forschung und Öffentlichkeitsarbeit und zeigen: Wenn Betroffene, Aktivistinnen und Unterstützerinnen sich zusammentun, entsteht echte Wirkung.
Organisationen wie lostVoices, NichtGenesen Kids und die Elterninitiative ME/CFS-kranke Kinder & Jugendliche München e.v. haben in diesem Zusammenhang ebenfalls größere Fördermittel erhalten – etwa im Bereich Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit. Auch sie profitieren von dem zunehmenden Engagement vieler kleiner Akteur*innen, die bereit sind, gemeinsam Verantwortung zu tragen.
Ein Blick auf die Struktur der Selbsthilfe- und Interessenvertretungen zeigt interessante Unterschiede:
In Deutschland gibt es eine Fülle kleiner, spezialisierter Gruppen – oft getragen von enormem Engagement, aber gleichzeitig stark vereinzelt. Jede Initiative agiert für sich, häufig mit großem Aufwand in eigener Sache. Das führt zu Parallelstrukturen, die Kraft kosten und Potenziale ungenutzt lassen.
In Ländern wie der Schweiz gibt es dagegen weniger, dafür größere Verbände, die breite Aufgaben bündeln – von Interessenvertretung über Beratung bis hin zu Forschung. Das ermöglicht konzentriertere Ressourcenverteilung, gemeinsame Kommunikation und strategische Schlagkraft.
Dabei geht es nicht um ein „besser“ oder „schlechter“, sondern um Lernchancen: Gerade weil Deutschland so viele kleine Organisationen hat, ist das Potenzial für Allianzen umso größer – wenn wir Brücken schlagen, statt Grenzen zu ziehen.
Immer mehr Ärztinnen, Therapeutinnen, Verwaltungspersonen und Betroffene erkennen: Einzelkämpfe führen in Sackgassen.
Veränderung entsteht nur durch geteilte Verantwortung, durch geteiltes Wissen und durch gemeinsame Strategien.
Allianzen sind kein Nebenschauplatz, sondern die Infrastruktur für Wandel. Sie bündeln Stimmen, setzen Impulse und geben Hoffnung – nicht nur für die, die krank sind, sondern auch für jene, die Verantwortung übernehmen wollen.
Die Zeit der fragmentierten Kämpfe neigt sich dem Ende zu. Jetzt ist die Zeit für echte Allianzen.