Fundraising für ME/CFS – Wirkungsvoll handeln, ohne zu verletzen
ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis / Chronisches Fatigue-Syndrom) gehört zu den am stärksten stigmatisierten Erkrankungen weltweit. Betroffene, darunter viele Kinder und Jugendliche, leiden nicht nur unter den massiven körperlichen Einschränkungen, sondern auch unter einer dramatischen Unterversorgung und fehlender Forschung.
Ohne Spendeninitiativen gäbe es kaum Fortschritte. Doch das Thema Fundraising in der ME/CFS-Community ist komplex:
Wie kann man Aufmerksamkeit schaffen, ohne Betroffene zu verletzen?
Wie kann man emotional berühren, ohne zu übertreiben oder Angst zu schüren?
Zwischen drastischen Bildern, die Aufmerksamkeit erzeugen, und Stimmen, die für einen respektvollen, inklusiven Ansatz werben, liegt ein schmaler Grat.
Die Lemon-Challenge – eine Lehre
Die sogenannte Lemon Challenge, ein Biss in eine saure Zitrone, hat gezeigt, wie einfach und wirkungsvoll eine Aktion Reichweite entfalten kann. Sie war niedrigschwellig, bildstark und viral.
Doch gleichzeitig fühlten sich viele Betroffene durch das Symbol verkannt oder gar verhöhnt. Denn was als Zeichen für Bitterkeit und Stärke gedacht war, wirkte auf einige, als würde man die Krankheit verharmlosen.
Positiv:
Kritisch:
Das Fazit:
Auch eine unperfekte Aktion kann Türen öffnen, wenn wir bereit sind, daraus zu lernen. Beim nächsten Mal gilt: bewusster gestalten, sensibler kommunizieren und die Community von Anfang an breiter mit einbeziehen.
Drastische Bilder – notwendig oder kontraproduktiv?
In den letzten Jahren sah man immer wieder Bilder von erkrankten Kindern in Leichensäcken vor Gesundheitsämtern, Aktionen, die Schlagzeilen machten. Doch sie werfen eine schwierige Frage auf:
Brauchen wir wirklich Schockbilder, um ernst genommen zu werden?
Oder riskieren wir, dass Fachpersonen, Medien und Entscheidungsträger sich abwenden?
Der Ruf der ME/CFS-Community bei Fachleuten ist ohnehin fragil. Viele Betroffene greifen aus purer Verzweiflung zu drastischen Mitteln, verständlich, aber kommunikativ riskant. Denn was aus tiefem Schmerz entsteht, wird außen oft als Aggression wahrgenommen.
Schockbilder erzeugen kurzfristig Aufmerksamkeit, aber selten Vertrauen.
Langfristig schaffen sie oft mehr Distanz als Nähe.
Gerade diejenigen, die wir für Forschung, Versorgung und politische Unterstützung gewinnen wollen, brauchen ein Gefühl von Anschlussfähigkeit, nicht von Abwehr.
Alternative Wege – konstruktiv und inklusiv
Wie kann man stattdessen konstruktiv wirken?
Ein vielversprechender Ansatz: Schulgeschichten sammeln.
Kinder und Jugendliche mit ME/CFS erzählen, wie Schule und Inklusion gelingen könnten oder wo sie scheitern.
Diese Perspektiven sind kraftvoll, weil sie Möglichkeitsräume statt Mangelbilder zeigen: nicht „das geht nicht“, sondern „so könnte es gehen“.
Solche Narrative schaffen Nähe, regen zum Nachdenken an und holen Fachpersonen ins Boot, die nach Lösungen suchen.
Mein Aufruf:
Wenn Sie eine Schulgeschichte beisteuern möchten, senden Sie mir gerne Ihre Erfahrungen mit Alter, Schulform, Dauer der Erkrankung und Bundesland.
Aus diesen Mosaiksteinen entsteht ein Bild davon, wie echte Inklusion für Kinder und Jugendliche mit ME/CFS gelingen kann.
Formuliert als Vision:
„Das wäre gelebte Inklusion.“
Die Rolle des Einzelnen
Nicht jede:r kann aktiv beitragen und genau das ist Teil der Realität von ME/CFS.
Aber: Manche können es. Und diese Stimmen zählen doppelt.
Wichtig ist, dass jede:r auf die eigene Art beitragen darf:
So entsteht eine Bewegung, die Vielfalt als Stärke begreift, nicht als Spaltung.
Fazit
Fundraising für ME/CFS ist unverzichtbar. Staatliche Mittel reichen bei weitem nicht aus, um die Forschung, Versorgung und Aufklärung zu gewährleisten, die Betroffene dringend brauchen.
Doch wie wir Fundraising betreiben, macht den entscheidenden Unterschied:
Wenn wir es schaffen, Geld, Aufmerksamkeit und Vertrauen zu gewinnen, entsteht etwas viel Größeres:
Nachhaltige Solidarität. Gesellschaftliche Anschlussfähigkeit. Echte Veränderung.